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von Ringelnatz-Gedichten durch Otto Sander:

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Joachim-Ringelnatz-Museum
Südersteinstraße 44
27472 Cuxhaven
Öffnungszeiten: Di. bis So.
von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr
Führungen nach Vereinbarung: 04721 / 39 44 11

Joachim Ringelnatz (* 7. August 1883 in Wurzen; † 17. November 1934 in Berlin; eigentlich Hans Gustav Bötticher) war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler, der vor allem für humoristische Gedichte um die Kunstfigur Kuttel Daddeldu bekannt ist.

1948 eröffnete das Städtische Museum Wurzen eine ständige Ringelnatz-Sammlung. Zum 100. Geburtstag wurde das restaurierte Geburtshaus des Dichters in Ringelnatzhaus umbenannt.

Von 1986 bis 1991 wurde von der Stadt Cuxhaven in zweijährigem Turnus der mit 10.000 DM dotierte Joachim-Ringelnatz-Preis für Lyrik vergeben.

Ab 2001 wurde der Preis neubelebt. Im selben Jahr gründete sich die Joachim-Ringelnatz-Stiftung, die Verwaltung und Betreuung des Nachlasses übernahm und 2002 das Cuxhavener Joachim-Ringelnatz-Museum eröffnete. (Wikipedia 8/2013)

Gedichte von Ringenatz

Im Park
Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum
still und verklärt wie im Traum.
Das war des Nachts elf Uhr zwei.
Und dann kam ich um vier
Morgens wieder vorbei.
Und da träumte noch immer das Tier.
Nun schlich ich mich leise - ich atmete kaum -
gegen den Wind an den Baum,
und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips.
Und da war es aus Gips.

Die Ameisen
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.

Genau besehn
Wenn man das zierlichste Näschen
Von seiner liebsten Braut
Durch ein Vergrößerungsgläschen
Näher beschaut,
Dann zeigen sich haarige Berge,
Daß einem graut.

Bumerang
War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum - noch stundenlang -
Wartete auf Bumerang.

Psst!
Träume deine Träume in Ruh.
Wenn du niemandem mehr traust,
Schließe die Türen zu,
auch deine Fenster,
Damit du nichts mehr schaust.
Sei still in deiner Stille,
wie wenn dich niemand sieht.
Auch was dann geschieht,
Ist nicht dein Wille.
Und im dunkelsten Schatten
Lies das Buch ohne Wort.
Was wir haben, was wir hatten,
Was wir - -
Eines Morgens ist alles fort.

Überall
Überall ist Wunderland.
Überall ist Leben.
Bei meiner Tante im Strumpfenband.
Wie irgendwo daneben.
Überall ist Dunkelheit.
Kinder werden Väter.
Fünf Minuten später
Stirbt sich was für einige Zeit.
Überall ist Ewigkeit.
Wenn Du einen Schneck behauchst,
Schrumpf er ins Gehäuse.
Wenn Du ihn in Kognak tauchst,
Sieht er weiße Mäuse. 

Heimatlose
Ich bin fast
Gestorben vor Schreck:
In dem Haus, wo ich zu Gast
War, im Versteck,
Bewegte sich,
Regte sich
Plötzlich hinter einem Brett
In einem Kasten neben dem Klosett,
Ohne Beinchen,
Stumm, fremd und nett
Ein Meerschweinchen.
Sah mich bange an,
Sah mich lange an,
Sann wohl hin und sann her,
Wagte sich
Dann heran
Und fragte mich:
"Wo ist das Meer?"

Übergewicht
Es stand nach einem Schiffsuntergange
Eine Briefwaage auf dem Meeresgrund.
Ein Walfisch betrachtete sie bange,
Beroch sie dann lange,
Hielt sie für ungesund,
Ließ alle Achtung und Luft aus dem Leibe,
Senkte sich auf die Wiegescheibe
Und sah - nach unten schielend - verwundert:
Die Waage zeigte über Hundert.

Volkslied
Wenn ich zwei Vöglein wär,
und auch vier Flügel hätt,
flög die eine Hälfte zu dir
und die andere, die ging auch zu Bett,
aber hier zu Haus bei mir.
Wenn ich einen Flügel hätt
und gar kein Vöglein wär,
verkaufte ich ihn dir
und kaufte mir dafür ein Klavier.
Wenn ich kein Flügel wär
 (linker Flügel beim Militär)
und auch keinen Vogel hätt,
flög ich zu dir.
Da's aber nicht kann sein,
bleib' ich im eignen Bett
allein zu zwein.

Hafenkneipe
In der Kneipe "Zum Südwester"
sitzt der Bruder mit der Schwester
Hand in Hand.
Zwar der Bruder ist kein Bruder,
doch die Schwester ist ein Luder
und das braune Mädchen stammt aus Feuerland.
In der Kneipe "Zum Südwester"
ballt sich manchmal eine Hand,
knallt ein Möbel an die Wand.
Doch in jener selben Schenke
schäumt um einfache Getränke
schwer erkämpftes Seemannsglück.
Die Matrosen kommen, gehen.
Alles lebt vom Wiedersehen.
Ein gegangener Gast sehnt sich zurück.
Durch die Fensterscheibe aber träumt ein Schatten
derer, die dort einmal
oder keinmal
abenteuerliche Freude hatten.

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Produktion: Karin Lorenz
Erschienen 1999 als Hörbuch und zu beziehen über den Buchhandel oder direkt über den
Verlag Schall und Wahn GmbH
Hörbücher und Bücher
Fahner Weg 36
51467 Bergisch Gladbach
Tel.: +49 2202-9790931
mail@schall-und-wahn.de




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